Matthias berichtet über die sog. Kirchensteuer-Rasterfahndung in Berlin, wo Zugezogene rückwirkend Kirchensteuer zahlen müssen. Das bringt Christian auf die Idee einer Denial-of-Service-Kampagne, bei der die Kirchen mit Anfragen zum Datenschutz überflutet werden.
Aufgenommen am 15.12.2019 mit Matthias, Christian, Nico und Jan.
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Ein Live-Mitschnitt der kompletten Folge 85 ist hier verfügbar.
Schlagwörter: Berlin, DDR, Finanzamt, ifw, Institut für Weltanschauungsrecht, Ketzer 2.0, Ketzerpodcast, Kirchenmitgliedschaft, Kirchensteuer, Kirchensteuerpflicht, Kirchensteuerstelle, Matthias Schirmer, Nachzahlung, Rasterfahndung, rückwirkend, RBB, Taufe, Urteil
10. Januar 2020 um 08:39 |
Die kirchlichen Einrichtungen rechnen für soziale Leistungen die selben Beträge ab, wie jeder andere Träger auch… nach der Privatisierung des Gesundheitswesens macht das die Kirchen zu Gewinn erwirtschaftenden Unternehmen die von der Steuer und von Arbeitnehmer-Schutz-Gesetzen ausgenommen sind…
Warum lässt ihr euch auf die Lüge vom ‚guten Zweck‘ überhaupt immer wieder ein?
Volkswirtschaftlich ist Einrichtungen von Kirchen betreiben zu lassen als Schäden zu rechnen.
10. Januar 2020 um 08:42 |
Ich weiß nicht, was Du meinst. Ich erkläre doch in dem Beitrag ausdrücklich, dass die Kirchen durch die Subventionierung über die steuerliche Absetzbarkeit der Kirchensteuer mehr Geld erhalten, als sie für gemeinnützige Zwecke ausgeben.
10. Januar 2020 um 09:02 |
Für die Datenabfrage bei den Kirchen redet ihr am besten mit den Leuten von fragdenstaat.de
Die haben die technischen Kenntnisse, sowas sehr einfach nutzbar zu machen und auch die Kampagnenfähigkeit, sowas in die Breite zu tragen.
Evtl. müsste man da etwas Geld mitbringen, weil sie ihr Budget für dieses Jahr vielleicht schon anderweitig verplant haben. Aber ein Crowdfunding in der religionskritischen Szene dürfte da doch gut machbar sein?
Kleiner Überblick was fragdenstaat.de bisher so gemacht hat und wie die drauf sind (chronologisch):
https://media.ccc.de/v/32c3-7102-crypto_ist_abwehr_ifg_ist_angriff
https://media.ccc.de/v/33c3-7811-irren_ist_staatlich
https://media.ccc.de/v/34c3-8714-schreibtisch-hooligans
https://media.ccc.de/v/35c3-9343-court_in_the_akten
https://media.ccc.de/v/36c3-10496-das_mauern_muss_weg
10. Januar 2020 um 09:03 |
Prima, danke!
10. Januar 2020 um 15:43 |
Zum Nachweis der Kirchensteuerpflicht:
eine Freundin von mir hatte nach ihrer Ausbildung als Bankkauffrau einige Zeit im Ausland gelebt.
Ende der 90’er (des letzten Jahrhunderts) kehrte sie nach Deutschland zurück und nahm ihre Arbeit in einer Bank in Hamburg wieder auf.
Nach einiger Zeit bemerkte sie, dass in ihrer Gehaltsabrechnung Kirchensteuer angeführt worden war.
Auf Rückfrage erklärte das Finanzamt in HH, dass dieser Eintrag »automatisch« erfolgt sei; auf Anfrage bei den Kirchen gab die evangelische Kirche an, dass diese Frau im Taufregister aufgeführt sei.
Den zweieinhalb Jahrzehnte später erfolgten Austritt erwähnte die Kirche nicht.
Unglücklicherweise hatte die Freundin ihre Austrittsbescheinigung verloren, und so wandte sie sich an die evangelische Kirche, um erneut eine Bescheinigung ihres Austritts zu bekommen.
Das sei leider nicht möglich, erklärte die Kirche:
man könne zwar bescheinigen, dass jemand Mitglied in der Kirche sei, die Bescheinigung einer NICHT-Mitgliedschaft aber könne man nicht abgeben.
Die Freundin ging’s recht pragmatisch an: in einem Schreiben an das Finanzamt erklärte sie, dass sie zwar keine Bescheinigung vorlegen könne, dennoch versicherte sie »an Eides statt«, dass sie kein Mitglied der evangelischen Kirche mehr sei.
Sie hatte tatsächlich fortan Ruhe und erhielt die einige Monate lang eingezogene Kirchensteuer zurück.
10. Januar 2020 um 15:46 |
Ich konnte meine ursprüngliche Austrittsbescheinigung auch nicht finden und habe mir den Austritt deshalb von der Behörde noch mal bestätigen lassen. Der Austritt wird ja gegenüber dem Staat erklärt und nicht gegenüber der Kirche.
10. Januar 2020 um 17:15
Interessant!
In Bremen versucht gerade mein olles Mütterchen auszutreten und muss mit über 80 Jahren sowohl zur evangelischen Kirche UND auch zum Finanzamt, um es zu erledigen (Erklärung: sie muss dem FA eine Kopie der Bescheinigung zukommen lassen, sie hat aber keinen Drucker oder Kopierer im Haus, so dass sie das Original vorlegen muss).
Vor einigen Jahrzehnten –als Student– war’s bei mir nur ein kurzer Besuch bei der Kirche und raus war ich.
(Damals hatte ich mir überlegt, dass ich als Begründung angeben wolle, dass ich 6 von 7 Todsünden folgenlos begangen hätte und malte mir aus, dass man sich fragte, welche ich wohl ausgelassen hätte — leider aber wurde nicht nach einer Begründung gefragt …)
Die eidesstattliche Versicherung kann offensichtlich ein probates Mittel der Wahl zu sein, falls eine Bescheinigung fehlt.
In den 90’ern verlangte eine große Werbeagentur –S+J– von ihren Freelancern (ich bin Illustrator), dass sie eine Bescheinigung vorlegten, in welcher versichert wird, dass sie keine »Scheinselbstständigen« seien.
Das Problem: weder das Finanzamt noch die Künstlersozialkasse noch die Krankenkasse konnten –oder wollten– eine solche Bescheinigung ausstellen, jeder verwies auf eine der drei anderen Parteien.
Am Ende legte ich der Agentur eine eidesstattliche Versicherung vor und wurde weiter beschäftigt.
Einige Jahre später meldete die Agentur Konkurs an — vielleicht lag’s an einer meiner erfolgreich begangenen Todsünden …?